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3. Beschreibung meiner praktischen Arbeit
Wie der Name schon sagt, ist meine Diplomarbeit "use it" ein Archiv bzw. Museum der GAs. Ein solches erschien mir sinnvoll, da es bis vor kurzem keine Arbeit gab, die sich explizit mit dem Erscheinungsbild der GA beschäftigte. Mittlerweile gibt es das Buch "Open here", daß - ähnlich wie mein Internet-Archiv - versucht, die verschiedenen visuellen Formen der Gebrauchsanweiung zu dokumentieren.
Dieser Mangel an Dokumentation schien mir erstaunlich, da die GA ein Medium ist, mit dem wir mehrmals täglich konfrontiert werden. Sei es bei der Bedienung der Mikrowelle, sofern wir diese nicht bereits perfekt beherrschen, dem Händetrocknen auf der Toilette, am Kaffeeautomaten, an der Parkuhr usw. Man ahnt es schon, auch wenn man der GA bisher eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat, sie begleitet einen doch durch sämtliche Alltagssituationen. Eine Tatsache, die ich in einem Bereich meiner Arbeit versucht habe auf die Spitze zu treiben. Dieser Bereich des Archivs schildert einen Tagesablauf in Form von GAs. Hier wird deutlich, daß es möglich ist, für nahezu jede Alltäglichkeit eine GA. zu finden. Dieses scheint wiederum Indiz dafür zu sein, daß unser Alltag mehr und mehr von der Benutzung diverser Artefakte bzw. Werkzeuge - d.h. vom Menschen geschaffener Gegenstände - geprägt ist. Deren technische Funktionsweise zu verstehen, ist nicht selbstverständlich. Meistens ist es sogar derart kompliziert, daß wir ohne die GA nicht auskommen. Mittlerweile ist die GA in Deutschland sogar zu einer gesetzlich vorgeschriebenen Produktbeilage geworden.
Ein Punkt, der mich besonders fasziniert, ist, daß all diese "Alltagsbeschreibungen" auf formal gleiche Art und Weise geschehen. Die heutigen GA-Illustrationen sind gekennzeichnet von ihrem sachlichen Outline-Stil unter Zuhilfenahme von Pfeilen, Ziffern und Buchstaben. Selten gibt es Ausnahmen, die ihren Illustrationen bewußt einen künstlerischen Duktus verpassen. Dies geschieht meist, wenn der GA eine emotionale Anmutung verliehen werden soll.
So liegt uns also eine illustrierte Schilderung der uns umgebenden Realität in der immer gleichen Form auf den Beipackzetteln unserer Produkte vor.
Interessant ist es zu beobachten, wie sich die GAs gleicher Produkte unterschiedlicher Hersteller dennoch in den Details unterscheiden. Eines meiner Lieblingskapitel sind die GAs von Handtrocknern. Hier gibt es alle Darstellungsarten des Händetrocknens, von der realistischen bis zur stilisierten.
Interessant ist es auch, die zeitliche Entwicklung innerhalb eines bestimmten Produktes zu verfolgen. So heißen die Toilettensteine der Marke WC-Frisch in der frühesten mir vorliegenden GA - aus den 60er Jahren - noch Hygienekegel. Später wird dieses Produkt diversifiziert und existiert als Wasserkastenautomat, als WC-Duftspüler, als Aktiv Tabs (ebenfalls für den Wasserkasten gedacht) und als Fresh&Clean (in flüssiger Form).
An den GAs des Haarfärbemittels Polycolor lassen sich von den 60er bis in die 90er Jahre die verschiedenen grafischen Trends ablesen. So mutet die GA des Mittels aus den 70er Jahren fast wie eine Illustration von Heinz Edelmann an (Heinz Edelmann: der Zeichner des Beatle-Films "Yellow Submarine") und entspricht damit genau dem damals gängigen Stil. Die Illustration aus den 60er Jahren ähnelt dagegen mit ihrem "lockeren Strich" eher Modezeichnungen. Die Illustrationen aus den 90er Jahren haben ihren Duktus der Sachlichkeit geopfert.
An den Anwendungsillustrationen auf einer Pril-Verpackung aus den späten 50er Jahren lassen sich die damals herrschenden Kaufkriterien ablesen. Neben der Wäsche von Geschirr wird hier nämlich noch die Pflege des Autos, das Putzen der Wohnung und sogar das Schaumbad zur eigenen Körperpflege dargestellt. Hieran läßt sich erkennen, daß gerade die vielseitige Verwendbarkeit in der Nachkriegszeit ein wichtiges Argument für den Kauf eines Produktes darstellte. Um mehrere spezialisierte Produkte zu kaufen, fehlte es den Menschen am nötigen Geld. Heute scheint es sich mir eher anders herum zu verhalten. Produkten mit vielseitiger Verwendbarkeit haftet das verkaufsschädigende Image von Billig-Produkten an. (Natürlich ist dies immer eine Frage der Vermittlung.)
Die Sicherheitsanweisungen unterschiedlicher Fluggesellschaften weisen alle auf die selben Gefahr-Situationen während Start, Flug und Landung hin. Es ist jedoch interessant zu sehen, daß sich amerikanische, asiatische und europäische Fluggesellschaften unterschiedlicher Illustrationsstile bedient haben. Dies könnte man als Indiz für unterschiedliche Sehgewohnheiten werten, denen zu entsprechen versucht wurde. Hinzu kommt hier allerdings auch das variierende Alter der jeweiligen Sicherheitsanweisungen.
Interessant dürften auch die Seiten mit den Darstellungen verschiedener Lebensmittelverschlüsse und -verpackungen sein. Künstliche Verpackungen wie der Tetrapak haben die unterschiedlichsten Verschlußvarianten hervorgebracht. Für jedes Knäckebrot gibt es eine besondere Variante des Öffnens und Verschließens. Selbst Honig gibt es heute nicht mehr nur im bekannten Glas, sondern auch in der auf dem Kopf stehenden Tube, was alle bisherigen Tropfprobleme auf einen Schlag zu lösen verspricht.
Einfach schön sind aber auch die GA-Illustrationen ganz banaler Themen wie dem Öffnen eines Sonnenschirms (die zu meinen Lieblingsillustrationen zählt), dem Einfüllen von Kaffee, dem Umrühren einer Suppe oder dem Auflegen einer Schallplatte.
Ich habe mich bemüht, Texte zu finden, die die Geschichte der einzelnen Produkte schildern oder auf andere Art und Weise erzählen. Auf einigen Archiseiten finden sich solche Texte. Diese stammen zum Teil von mir und sind zum Teil Zitate. So findet sich auf der Seite, die die Illustrationen gängiger aus unterschiedlichen Ländern zeigt, ein GA-Text aus den Anfangszeiten des Telefons:
"Theilnehmer A wünscht mit Theilnehmer B zu sprechen. Zu diesem Zwecke weckt A zunächst die Vermittlungsanstalt, indem er kurze Zeit (...) gegen den Knopf A drückt, hebt hierauf den Fernsprecher B vom Haken C und hält ihn mit der Schallöffnung gegen das Ohr. Die Vermittlungsanstalt antwortet: "Hier Amt, was beliebt"? A erwiedert durch den Fernsprecher D: "Wünsche mit Nummer (...) zu sprechen." Die Anstalt giebt zurück: "Bitte Rufen" und stellt die gewünschte Verbindung her. Oder sie sagt: "Schon besetzt, werde melden, wenn frei (...)".
Hieran lassen sich all die Komplikationen ersehen, mit denen das Telefonieren in seiner Enstehungsphase behaftet war. Es macht aber auch deutlich, wie selbstverständlich der Umgang mit einigen technischen Geräten für uns heute geworden ist und läßt uns ahnen, daß die Generation nach uns einen ähnlich selbstverständlichen Zugang zu Geräten wie dem Computer haben wird.
Ein anderer Text schildert die Umstände der Markteinführung des Naßrasierers. Was banal klingt, ist doch interessant zu lesen, denn wie bei vielen Produktneueinführungen mußte dem potentiellen Kunden erst einmal sein Bedürfnis nach diesem Produkt erklärt werden.
Soviel also zu der Faszination, des mir vorliegenden Materials, was mich letztendlich zu der Zusammenfassung des ganzen in diesem Archiv bewogen hat.
Über die formale Gestaltung läßt sich folgendes sagen: Grundelement des Layouts ist ein Kästchenraster. Ein Kästchen mißt 145x147 Pixel.
Alle Layoutelemente stellen Variationen dieses Kästchens dar. So ergeben 4 Kästchen im Quadrat angeordnet das Ausmaß der verwendeten Titelbilder. Die einzelnen Navigationspunkte begnügen sich jeweils mit dem Viertel eines solchen Kästchens. Texte bekommen eine Spalte von der Breite zweier Kästchen usw. Die Einteilung in Kästchen schien mir eine sinnvolle Analogie zu der in GAs verwendeten Einteilung in Arbeitsschritte darzustellen. Sie sollen das Mechanisch, Gleichförmige der GAs transportieren. Außerdem ergeben sie ungefüllt eine flächige Grundlage für die Ausbreitung der unterschiedlichen Motive. Zusammengehörige Motive, also Motive einer GA, stehen gemeinsam in einem Block. Darunter findet sich eine Produkt- und Jahresangabe, folgender Form:
WC-Frisch
Hygienekegel
HENKEL
60er Jahre
Einige Daten ließen sich nicht ermitteln. In solchen Fällen habe ich mich bemüht sie wenigstens, an Hand der mir zur Verfügung stehenden Indizien, zu datieren.
Was die redaktionelle Gliederung der Arbeit angeht, so habe ich eine Einteilung in sechs Themenkomplexe gewählt. Hier sind an erster Stelle die drei ausführlichen Bereiche "Essen & Trinken", "Hygiene & Gesundheit", "Arbeit & Technik" zu nennen.
In ersterem befinden sich zumeist Anweisungen zur Handhabung von Lebensmittelverpackungen, denn diese stellen die eigentliche Schwierigkeit beim Umgang mit Lebensmitteln dar. Allerdings gibt es auch GAs für richtiges, energiesparendes und gefahrloses Kochen, für die Zubereitung von Kaffee/Tee/Fertiggerichten usw., außerdem Skurilitäten wie die GA für die richtige Zubereitung einer Ananas. Diese ist übrigens eine von wenigen GAs, die sich nicht auf den Umgang mit einem Artefakt/Werkzeug bezieht, sondern auf ein Naturprodukt. Wahrscheinlich wird sie nur deshalb jeder DOLE Ananas beigelegt, weil die Handhabung einer solchen in unserem Kulturkreis nicht zum menschlichen Grundwissen gehört.
Der zweite Bereich zeigt alles, vom Augentropfen über das Kondom bis hin zur Zahnseide, was menschliche Gesundheit und Hygiene angeht. Daß ich auf solch kleine Kostbarkeiten gestoßen bin, wie auf die GA für ein Klopapierbehältnis, auf der nicht nur das Wechseln der Rolle, sondern auch das Abreißen des für den eigenen Bedarf bestimmten Stückes Klopapier dokumentiert ist, verdanke ich Zufällen und der verantwortungsbewußten und abwechslungsreichen Ausstattung auf mitteleuropäischen Toiletten. Hier fand ich auch die unterschiedlichsten Handtrockner, Seifenspender und sogar die GA eines höchst modernen Wasserhahns. Zu meiner Rechtfertigung muß ich sagen, daß ich bei meinen Besuchen auf öffentlichen oder halb-öffentlichen Toiletten nicht permanent versucht habe die, meist am Objekt befestigten, GAs "abzuknibbeln". Ich habe mich damit begnügt, sie abzufotografieren. Insofern wurden hier keine größeren Schäden hinterlassen.
Bereich drei dokumentiert Arbeit & Technik. Gerade der Bereich Technik ist es, in dem die meisten Menschen mit GAs konfrontiert werden. Die Gründe, warum technische Geräte über komplizierte GAs verfügen, scheinen auf der Hand zu liegen, kennen wir es doch nicht anders. Trotzdem scheint es Firmen zu geben, die komplexe Technik simpel zu fassen versuchen. Während meines Studiums durfte ich einmal dem Vortrag eines Ingenieurs der Firma PHILIPS über die vorbildhafte
Qualität derer GAs beiwohnen. Kurz darauf kaufte ich mir einen Fernseher dieser Firma und mußte feststellen, daß ich all seine positiven Charakterisierungen des eigenen Produktes dort nicht bestätigt fand. Ich stieß auf echte Probleme bei dem Versuch einen Sender zu programmieren.
Die weiteren Bereiche Freizeit und Verkehr & Sicherheit sind mit Beispielen leider noch nicht so reich bestückt. In ersterem gibt es z. B. die GA des bereits geschilderten Sonnenschirms, aber auch die GA für einen aufblasbaren Swimmingpool und die dazugehörige Luftpumpe usw.
Im Bereich Verkehr & Sicherheit habe ich mich vor allem auf die unterschiedlichen Sicherheitsanweisungen verschiedener Fluggesellschaften konzentriert. Hinzu kommen ähnliche Sicherheitsanweisungen von einer Fährgesellschaft und Anweisungen zur Ersten Hilfe usw.
Der Bereich "Dessert" ist als kleines "Bonbon" gedacht. Hier stelle ich Themen dar, die sich nicht eindeutig in die bereits genannten Kategorien einordnen lassen. Es ist u.a. eine Gegenüberstellung von verschiedenen Handgriffen zu finden. Interessant wird es da, wo sich Ähnlichkeiten ergeben, wie beim Öffnen einer Ernußdose und beim Öffnen einer Ofentür.
Außerdem enthält dieser Bereich den bereits geschilderten Tagesablauf in Form von GAs. Hieran wird auf drastische Art und Weise klar, wie häufig wir am Tag mit Artefakten in Berührung kommen, deren Benutzung, würden wir sie nicht bereits beherrschen, das Hinzuziehen einer GA erforderte. Es fängt beim Aufstehen mit dem Wecker, dem anschließenden Rasieren mit dem elektrischen Rasierer und dem Überziehen einer Strumpfhose bzw. dem Binden der Krawatte an. Es geht weiter mit den Entscheidungen am Frühstückstisch: Tee, Kaffee, Kakao? Auf jeder Verpackung werden wir fündig. Wie sich dies im Laufe des Tages weiterspinnen läßt, kann man sich ausmalen oder auf der Website ansehen. Es endet jedenfalls abends im Bett, wo wir uns die zu treffenden Vorbereitungen für den Sex mit dem Partner auf der GA für ein Kondom ansehen können.
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